Warum Gott Vater eine „Göttin Mutter“ an seiner Seite braucht

Eines gleich vorweg: Das hier ist kein religiöser Beitrag, denn ich wäre gar nicht die Richtige dafür. Aber man macht sich halt so seine eigenen Gedanken, wenn immer wieder von Gott Vater oder vom „lieben Gott“ die Rede ist und man nie etwas von einer Frau an seiner Seite hört.

Eigentlich wäre es nur logisch und entspräche dem dualistischen Denken der Menschheit, dass es von einem männlich dargestellten Gott auch eine weibliche Version gibt. Für die Menschen der Antike, wie beispielsweise die Griechen und Römer, war es eine Selbstverständlichkeit, dass es neben den Göttern auch Göttinnen gab. Doch heute denken viele Menschen an esoterische Fantasiegestalten, wenn sie das Wort „Göttinnen“ hören.

Die große Göttin wird vom Thron gestoßen

Bevor die patriarchalisch ausgerichteten Religionen die alten Heiligtümer und Bräuche der Mütter-Religionen verdrängten, wurde in ganz Europa und in großen Teilen Asiens die dreieinige Große Mutter als zentrale Gottheit verehrt. Sie war Liebes-, Fruchtbarkeits- & Todesgöttin in einer Person. Ihre Blütezeit war in etwa zwischen 10.000 und 2.000 v. Chr. Riesige Monumente, Tempel und tempelähnliche Anlagen, Steinkreise, Hügelaufschüttungen, Höhlenzeichnungen, geschnitzte und aus Ton gebrannte Figuren mit den charakteristischen Fruchtbarkeitsmerkmalen zeugten von einer weit verbreiteten Verehrung der Großen Göttin.

Gegen Ende dieser Zeitepoche geschah dann das Unfassbare. Kriegerische Horden von Männern fielen über die friedlichen Völker her, töteten Männer, Knaben und Alte und nahmen die Frauen und Mädchen als Beute mit. Sie unterwarfen die Menschen und setzten sich als Herrscher auf den neu errichteten Thron. Das war der Anfang vom Ende der Mutterreligionen.

Ausgerechnet in unserer modernen und aufgeklärten Zeit, in der das religiöse Leben stark an Bedeutung verloren hat, wenden sich immer mehr Frauen wieder der Großen Göttin zu. Dabei brauchen wir keine neue Religionsausrichtung, um das Göttlich-Weibliche in uns wieder neu zu entdecken, zu erkennen und ins tägliche Leben zu integrieren. Indem wir unsere weibliche Urkraft oder Urnatur in unseren Alltag einfließen lassen, verbinden wir uns über das morphologische Feld[1] mit allen Frauen dieser Welt. Und damit auch den Göttinnen-Aspekten, die jede Frau in sich trägt.

Die Große Göttin ist in uns

Vielen Frauen, die in einer patriarchalisch ausgerichteten Religionsgemeinschaft aufgewachsen sind, fällt es schwer, sich plötzlich eine Frau als Gott vorzustellen und sich einer weiblichen Göttlichen Quelle anzuvertrauen. Doch darum geht es auch gar nicht. Ich persönlich glaube nicht an einen lieben Gott im Himmel und werde auch nicht an eine Göttin im Himmel glauben. Denn beim Wiederbeleben des Glaubens an die Große Göttin ist mir ein Aspekt besonders wichtig: Das Göttliche ist in uns und nicht außerhalb von uns. Deshalb ist auch die Große Göttin ein Teilaspekt unserer Weiblichkeit.

Dazu möchte ich eine Metapher zitieren, mit der uns KRYON/Lee Carroll im Buch „Hinter dem Schleier“[2] zum Nachdenken anregen will:

Die gängige Vorstellung von Gott

„Stellt euch einmal kurz vor, auf der ganzen Erde gäbe es nichts als Hunde. Und stellt euch vor, die Hunde hätten eure Intelligenz. Die Evolution wäre irgendwie anders verlaufen, und es würden intelligente Hunde die Welt regieren, genau wie ihr es jetzt tut. Sie hätten auch ihre Probleme, genau wie ihr heute. Und die Hunde würden sich genau wie ihr spirituell ihre eigenen Gedanken dazu machen, wie Gott wohl sein muss, und natürlich hätten sie eine Religion. Sie würden beten und sich Gedanken machen und intellektuelle Ideen haben, genau wie ihr.

Lasst euch also bildlich gesprochen einmal zu diesem Ort entführen, wo diese intelligenten Hunde und ihre Zivilisation leben. Und lasst mich euch beschreiben, wie ihre Religion aussehen würde. Zunächst einmal wäre Gott ein Hund! Und jede Hunderasse hätte ein Foto von Gott, auf dem er natürlich als Angehöriger ihrer eigenen Rasse dargestellt wäre. Die Engel wären allesamt Hunde mit Flügeln, und sie würden zum Beispiel ständig aneinander herumschnüffeln! Wie weit soll ich das noch ausführen? … Ein anderes Bewusstsein haben sie (die Hunde) ja nicht. Sie kennen es nicht anders. Wie sie selbst sind, muss in ihrer Vorstellung auch Gott sein. Sie können nicht über das höchste Bewusstsein hinausdenken, das sie verstehen, und das ihr eigenes ist.“

Deshalb, ihr lieben Frauen, sucht nicht die Göttin als weibliches Gegenstück zum „lieben Gott“ im Außen, sondern in euch selbst. Nur dort werdet ihr sie finden können! Genauso wie Yin ohne Yang und Yang ohne Yin unvollkommen wären, braucht es einen männlichen und einen weiblichen Gottesaspekt. Zweiteren tragen wir Frauen alle in uns, wir müssen ihn nur wiederentdecken und ganz bewusst leben!

[1] Energetisches Feld des Massenbewusstseins

[2] Carroll, Lee: Kryon. Hinter dem Schleier, Burgrain 2007, S. 74 ff.

4 Kommentare zu „Warum Gott Vater eine „Göttin Mutter“ an seiner Seite braucht

  1. Als Kommentar ein Poetry Slam-Text von mir aus 2015, passt glaube ich ganz gut:
    Seit langem mal wieder in der Kirche, klein, verschnörkelt und mittelalterlich.
    Dazu passend, der Pfarrer, klein, verschnörkelt und mittelalterlich,
    in Erscheinung und Denkweise.
    Die Stimmung ist feierlich und andächtig, ergreift mich, bis zur Predigt.
    „Herr, befreie uns von Eigensinn!“ Bitte? Höre ich recht? Eigensinn ist schlecht? Ist Sünde?
    Eigensinn – eigen sein – selbst bestimmt sein – sinnen über mich – meinen eigenen Standpunkt,
    um dann eigen mächtig – eigen initiativ zu werden. Das will Gott nicht?
    Zu spät! Denn mein Sinn ist scharf und meine Gedanken sind eigen, mächtig eigen, eigensinnig eigen!
    Mein Gott, der übrigens eine Frau ist, wünscht sich eigensinnige Menschen, die ihren Kopf gebrauchen. Menschen, die Initiative und Gesicht zeigen, die aktiv das Leben, die Gesellschaft gestalten, formen und wandeln.
    Mein Gott definiert sich nicht durch verstaubte Holzfiguren die an Kreuzen herum hängen. Denn die führen uns doch vielmehr vor Augen wie vernagelt und unfrei wir sein können. Sie zeigt sich in den Wundern der Schöpfung, in Kindern, Regenbögen, Sternschnuppen, Glück und Zufriedenheit.
    Mein Gott besteht auf keinem Glaubensmonopol. Vielmehr trifft sie sich regelmäßig mit Allah, Buddha, Odin und der ganzen illustren Götter-Runde zum Skat. Sie haben keinen Stress miteinander und schauen in dieselbe Richtung. Wenn wir Menschen sie nicht ständig fehlinterpretieren würden, wäre Gott sein ein richtig cooler Job.
    Mein Gott lacht über Fehler, denn sie macht selbst welche. Und wenn ich sie zur Rede stelle, warum sie zulässt dass Eltern ihre Kinder verlieren, Selbstmörder Unschuldige mit in den Tod reißen und Boko Haram tausend Mädchen und Frauen verschleppt, dann sagt sie einfach nur zickig: „Weil!“
    Mein Gott will nicht bekehren. Sie freut sich über Nächstenliebe, Mitgefühl und soziales Engagement, egal zu wem wir beten.
    Mein Gott braucht keine Kirchen als Statussymbol und keinen Alleinunterhalter im schwarzen Talar der für sie spricht. Wenn ich sie brauche ist sie da, immer und überall.
    Seit langem mal wieder in der Kirche gewesen, um fest zu stellen, dass mein Glaube woanders zu finden ist.

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  2. Sehr interessant, was ich hier so über „meinen lieben Gott“ lese.
    Dass „er“ oder „sie“ nicht (oder jedenfalls nicht nur, weil er/sie/es ja überall ist) in der Kirche ist, wusste ich bereits.
    Dass das Göttliche in mir drin ist, habe ich schon mit 17 auf einem Zettel aufgeschrieben. Leider immer wieder vergessen oder in Frage gestellt.
    Damals wusste ich allerdings noch nicht, dass es keine Zufälle gibt. Dass es einen „großen Plan“ (so nenne ich das) für alles gibt. Jedenfalls wissen die Engel mehr über diesen großen Plan als ich.
    Schätzungsweise beziehen sie ihr Jahresgehalt von der göttlichen Quelle…

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