DAS FRAUEN-INTERVIEW MIT Suzy Stöckl
Suzy, als Fotografin arbeitest du heute hinter der Kamera, früher bist du vor der Kamera gestanden. Welche Erfahrungen hast du dir aus deiner Zeit als Model mitgenommen bzw. hat sie dich irgendwie geprägt? Eine der schönen Erfahrungen war das Reisen. Ich bin viel in der Welt herumgekommen, bin zwischen verschiedenen Städten gependelt … das hat meinen Horizont erweitert. Was ich mir noch mitgenommen habe, ist das Wissen darum, wie man sich vor der Kamera fühlen kann, wenn die Energie nicht passt. Auch deshalb lege ich Wert auf eine gute, angenehme Atmosphäre beim Arbeiten. Die Menschen sollen sich gesehen und respektiert fühlen … wir sind ein Team, keine Einzelkämpfer. Eine nicht so angenehme Prägung, die sich auf die Beziehung zu meinen Körper bezieht, ist ein Perfektionismus, dem ich natürlich nicht und im Älterwerden immer weniger Rechnung tragen kann. Ich arbeite daran, mich mit all meinen „Schwachstellen“ anzunehmen.
Wenn man deine Webseite besucht, findet man an ganz prominenter Stelle deine Frauenportraits. Was bedeutet dieser Bereich deiner Arbeit für dich persönlich? Ich habe, was mir ein bisschen leid tut, die tiefe, kraftvolle Ebene des „Frauseins“ recht spät entdeckt. Es ist mir eine Freude und ein Anliegen, Frauen diese Ebene berühren zu lassen, Türen zu Räumen zu öffnen, die sie noch nie oder selten betreten haben.
Sind Männer anders zu fotografieren als Frauen? Wenn ja, was macht den Unterschied aus? Der einfache Unterschied ist, dass Frauen viel mehr Möglichkeiten haben, ihr Äußeres zu verwandeln. Sei es durch Kleidung, Schmuck, Make-up und Frisuren. Wenn ich klassische Porträts mache, ist sonst kein großer Unterschied. Ich bemühe mich, die Essenz des Menschen zum Vorschein zu bringen, da ist das Geschlecht egal. Bei speziellen Frauenshootings, wie „wunderbar-weiblich“ oder meinem Angebot „rising-goddess“ ist das natürlich anders, da der Fokus auf der weiblichen Kraft, der weiblichen Essenz liegt. („Männlichkeitsshootings“ mache ich gar keine 🙂 )
Du beschreibst dich als eine Fotografin, die das, was hinter dem Offensichtlichen, Augenscheinlichen liegt, mit Hilfe ihrer Kamera sichtbar macht. Wie schwierig ist das in einer Zeit, in der vielen Menschen ihre Fassade manchmal wichtiger ist als ihr Wesenskern? Ja, es ist schon so, dass – je mehr ich mich entwickelt habe und meine Aufnahmen mehr „Tiefe“ zeigen – gewisse Tätigkeitsbereiche und Kunden weggefallen sind. Da die Bewusstseinsentwicklung aber voranschreitet, hoffe ich, dass meine Zeit noch kommt. 😉
Was wünschst du dir für die jungen Mädchen von heute? Was ist deine Botschaft an sie? Ich wünsche den jungen Mädchen von heute, dass sie die Zeit erleben dürfen, in der alle Frauen wieder bei ihrer wahren Kraft ankommen und sie gleichberechtigt in der Gesellschaft leben. Meine Botschaft an die jungen Mädchen in unserer Kultur ist, sich mit Lehren und Hilfestellungen zu beschäftigen, die sie dabei unterstützen, in die weibliche Kraft einzutauchen. Diese Lehren findet man nicht unbedingt in Frauenzeitungen oder Sendungen wie „Topmodel“ etc. Die Welt der „Musts“, der diktierten Schönheitsideale, mag manchmal auch amüsant sein, aber sollte nicht ernst genommen werden. Lasst euch nicht mehr gegeneinander aufhetzen, hört auf, in Konkurrenz zu treten. Denn gemeinsam sind wir stark!
Suzy Stöckl lebt und arbeitet in Wien. Hier kannst du sie auf ihrer Website besuchen: suzystoeckl.com